Wird Clouds Strategie – Debatten einfach gewinnen – uns helfen? Am zweiten Tag der London Australs wird diese Frage noch spannender, denn die Runden laufen ohne Feedback.
Zwar erfahren wir zwischen den Runden nix vom Juror aber dafür von Chinesen, einem Turnier nur mit Fußballthemen. Zum Schluss landen wir hinten, werden trotzdem erster – irgendwie. Außerdem: Wir teilen Witze mit jemanden, der in Nordkorea arbeiten möchte.
Wie am ersten Tag beginnen wir mit einer kleinen Verspätung von, rund 70 Minuten, fehlende Teams könnten die Chefjuroren ja löschen, aber es fehlen einige Juroren. Gerade bei dem Austral-Asian können die nicht so einfach ersetzt werden, da das Format ja zum ersten Mal in Europa gastiert und dadurch natürlich Juroren fehlen.
Die Debatten sind ohne Feedback, wie bei anderen Turnieren auch. Uns wird die Pro-Seite zugelost und Mitstreiter aus Bristol. Aus den drei Themen entscheiden sich beide Teams dafür, dass die USA ihre Militärpartnerschaft mit Israel beenden sollen – oder eben nicht. Leider vergessen wir Cloud nach der Strategie für die Debatte zu fragen und ohne sein Ratschlag- einfach gewinnen – verlieren wir die Debatte.
Dann zieht uns das Lunch wieder in die umliegenden Shops. Dabei treffen wir auf ein chinesisches Team. Einer der drei studiert gerade in London, die anderen sind 18 Stunden aus Peking eingeflogen. Die Trips bezahlen sie selbst, sie studieren an einer technischen Uni und die würde Naturwissenschaftliche Wettbewerbe unterstützen (so wie eine Philologische Fakultät eben für die Teilnahme an Debattierturnieren Geld gibt) Wir sind mit der Unterstützung durch die vom Asta vergebenen Gelder der Potsdamer Studierendenschaft irgendwo zwischendrin.
Die drei Chinesen erzählen von Debattieren in ihrer Heimat, die chinesische Methode unterscheide sich stark von der internationalen. Debattieren übernahmen die Chinesen zum Sprachenlernen, daher achten die Juroren mehr auf Form, Stil und Grammatik als auf Inhalt. Mehr über Debattieren in China, ein andermal.
In der Pause gibt es ein paar Ankündigungen, Can Okar, Chefjuror der Debattier-WM wirbt für das erste Debattierturnier ausschließlich über Fußball – Mitte Mai in einem Pub. Die Englisch Speaking Union, eine Art VDCH mit mehr Möglichkeiten, wirbt um Trainer für Debattieren an Schulen. „Ihr habt Spaß, gebt Euer Wissen weiter und Geld kriegt ihr auch noch – also gibt es keine Ausrede nicht gleich zu uns zu kommen“, grinsen die Vertreter Union.
Dann erwartet uns die dritte und letzte Runde. Wir denken, es geht um nichts mehr, breaken werden wir nicht also nehmen wir das drastische Thema: Soll es einen freien Markt zum Kauf und Verkauf von Babys geben. Das Los bestimmt setzt uns auf die Contra-Bank, unser Gegner aus Sheffield hat ebenfalls das Thema als erste Priorität.
Wieder fragen wir Cloud nach der Strategie und wieder meint er, wir sollten das Ding einfach gewinnen. Wir probieren es. Während Sheffield meint, die Schwangerschaft oder die Geburt eines Kindes sei eine Dienstleistung wie jede andere, argumentieren wir, dass selbst dann Kinder ein Preisschild bekommen und damit von vornherein einen Wert der aus ihren Genen, Geschlecht und Aussehen besteht.
Mittlerweile haben wir uns auch an die vier Reden gewöhnt, die ersten beiden sind wie OPD Reden, der dritte Redner jedoch macht eine Zusammenfassung und zerstört damit alle gegnerischen Argumente, während der vierte in seiner vier Minuten Rede die eigenen Stärken heraushebt.
Für ESL-Finale, Halbfinale und Finale der Muttersprachler haben die Orgas das Darthsmoure House in der Nähe des Buckingham Palasts reserviert. Uns erwartet ein englischer Club: Holzvertäfelte Wände, Kronleuchter ein Teppich der sich so angenehm läuft wie ein dickes Moosbett.Ein Wandtafel listet die Präsidenten des Clubs auf, Winston Churchill leitete das Haus 1921-1925 und His Royal Highness der Duke of Edinburgh, Prinzgemahl der Königin ist als Chariman gelistet. Die Orgas warnen: Das Haus ist Edel und viele Gegenstände sind mehr Wert als unser aller Leben – und das unserer Eltern. Das hält britischen Jungdebattierer aber nicht davon ab, auf den Samststühlen mit Carlsberg-Bierdosen zu sitzen oder Rotweinflaschen auf das Parkett zu stellen.
Wir sehen überrascht das Break, wir haben die letzte Debatte gewonnen und scheitern knapp am ESL-Break, drei Teams haben zwei Siege wie wir, aber mehr Rednerpunkte. Trotzdem sind wir ein bisschen stolz darauf, immerhin als bestes deutsches Team dabei zu sein. Beste Deutsche Rednerin wird Isa Loewe, die mit Lukas Haffert und Gudrun Lux unter dem Namen Bonner Republik angetreten sind. Obwohl wir beste Deutsche sind ist Michael trotzdem etwas unglücklich, Platz 31 von 38 Teams. Aber dazu später mehr.
Michael und Cloud holen sich detailliertes Feedback von den Juroren (es interessiert natürlich auch, warum wir die zweite Debatte des Tages gewonnen haben, womit wir gar nicht mehr rechneten.)
Das ESL-Finale gewinnt das Team Yugoslavia A, was tatsächlich aus einem Griechen, einem Serben und einem Kroaten besteht. Das Hauptfinale bestreiten Redner aus Oxford und Camebridge die sich teif analytisch aber auch humorvoll darüber streiten, ob der Oskar für Schauspieler künftig Unisex sein sollte, das heißt ein Oscar für Schauspieler, nicht mehr getrennt nach Mann und Frau. Hier gewinnt die Negativ-Seite.
Danach gibt es Barbeque mit Hotdogs Cheeseburgern und Vegetarierfrikadellen - auf Samtsesseln. Anschließend haben die Orgas noch einen Pub organisiert, denn eigentlich dürfte der Sonntag-Abend gar nicht offen sein. Hier kommen noch ein paar Deutsche Ex- und Exil-Debattierer dazu und wir erfahren, dass es durchaus normal ist, dass Heizungen auch in guten Wohnungen nicht funktionieren.
Zurück bei Sheraz, fragen wir ihn und ja, auch bei unserem Crash-Gastgeber sei es nachts so kalt, weil die Heizung nicht geht. Aber wenn wir frieren, dann würde er uns was zum drüber ziehen leihen.
Vielleicht ist das ganze auch eine Art Training für Sheraz’ Mitbewohner, denn der möchte bald nach Nord-Korea, um dort zu arbeiten.
Michael wirft derweil einen Blick aufs Tab und Sheraz erklärt ihm, dass unser Abschneiden keine Chance ist, es waren haufenweise Redner dabei, die es in die Finals oder Halbfinals bei Welt- oder Europameisterschaften und hier nichtmal die Vorrunden überstanden haben.
Bevor wir den Tag beschließen wagen wir ein besonderes Experiment: Zusammen mit unserem Gastgeber, seinen Mitbewohnern tauschen wir Witze aus. Aber sie dvon zu überzeugen, dass Deutsche auch Humor haben, ist völlig sinnlos. Das wissen die längst.
Sarkasmus, dafür seien wir deutsche doch bekannt. Na, wenn das nichts ist.
Als Fazit bleibt: Das Format ist für Briten sicherlich spannender als für uns, Turniere mit drei Rednern kennen wir ja. Aber trotzdem war es schon interessant, ein derart stark besetztes Turnier zu erleben.
Von: Mathias Hamann
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