Feta statt Fäuste, Kaffee statt Molotowcocktail – Potsdam im Finale des Punk-Turniers in Magdeburg

Während in Berlin sich Nazis und Linke mit Fäusten und Molotowcocktails mit dem Staat anlegen, zieht es die Potsdamer nach Magdeburg. Dort wartet ebenso Streit, jedoch viel zivilisierter. Der Magdeburger Debattierclub rief zum Punkturnier. Magdeburger Orginale war das Motto.

 

Samstag, 7.38 (gefühlt für einige 3.38) stürmten wir den Regionalexpress um in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt zu reisen. Mit uns im Zug, 10 Berliner Debattierer, andere 10 waren bereits im Auto gen Elbestadt unterwegs.

 

In Magdeburg angekommen überlegen wir uns Teamnamen, nach Club-Tradition kommen dafür Potsdamer Stadtteile, Sehenswürdigkeiten, Seen oder seit diesem Jahr auch hier gedrehte Filme, wie Babelsberg, Sanssouci, Griebnitzsee oder Blauer Engel.

 

Wir könnten auch noch alle Fernsehproduktionen hinzufügen, wie Gute Zeiten Schlechte Zeiten oder Vera am Mittag. (Debattieren ist ja wie eine Talkshow und manchmal durchaus wie eine Seifenoper: Jede Wochen eine neue Folge.) Schließlich einigen wir uns auf RBB Aquarium, Testbild und Der Untergang.

Während die Chefjuroren Marcel Giersdorf, Jonas Werner und Patrick Ehmann die Setzung ausbaldowern, laben wir uns am Frühstück und Kaffee, obwohl „nur“ ein Punk-Turnier hat die Magdeburger Orga sich viel Mühe gegeben, es gibt frischen Kaffee, mehrere Sorten Tee und jeder schmiert sich sein Brötchen gern.

 

Neben den sieben erwähnten Berliner Teams sind Redner aus Jena, Leipzig aber auch Greifswald und Frankfurt-Main dabei, außerdem noch Jana und Mario, die sich vorgenommen haben, in ihren Reden stets auf die Grundlagen des menschlichen Lebens einzugehen. Zudem wollen sie sich für jeden Teampunkt ein Bienchen in ihr Muttiheft stempeln.

 

Der Vormittag bringt uns die Frage, ob Religiöse Führer sich nicht mehr zu politischen Angelegenheiten äußern dürfen und in der zweiten Runde, ob es nicht eine Schweigeminuten für gefallene Bundeswehrsoldaten gibt. Die Räume hatten die Magdeburger mit Lokalen Historia bestückt – wie es stets bei ihren Turnieren Tradition ist. Diesmal eben Magdburjer Oschenale, wie Schlackaffe, Blutappelsiene oder Fliegentutenheinrich. (Hoffe, das sie hier richtig wiedergegeben sind.)

 

Mittags grillen die Magdeburger für uns gemütlich, es gibt Bratwurst, Fetakäse und für schönes Wetter haben sie auch noch gesorgt.

 

Die Chefjuroren servieren uns für den Nachmittag zunächst die Frage, ob die Polizeigewalt vollständig an die EU übertragen werden sollte. Potsdam liegt bis dato gut im Rennen, Mario und Jana haben einige Bienchen sammeln können, Markus und Anne sogar noch Breakchancen ins Finale, auch bei Michael und Kristin sieht es gut aus.

 

Die letzte Runde stellt die Redner vor die Frage, ob die Steuererklärungen aller hierzulande Steuerpflichtigen im Internet veröffentlicht werden sollten.

 

Später beraten wir auf der Rückfahrt, (die ja etwas länger dauern sollte), dass die Themen meist eher oppositionslastig waren. Obwohl hier und da auch Regierungen gut abschneiden.

 

Nach den vier Vorrunden warten wir gespannt aufs Tab und siehe da, Kristin und Michael schaffen’s als zweitbestes Team, mit 10 Punkten aus vier Runden ins Finale. Hier treten sie an gegen ein Team aus Greifswald und zwei aus…Berlin.

Das Thema der Endrunde: Alle sexuellen Paraphilien (wie SM) im Aufklärungsunterricht als gleichwertig unterrichten.

 

Tolles Thema, aber gut für ein Finale, mit Gästen? Hm. Aufzeichnen konnten wir die Debatte leider nicht, weil einige der Finaleteilnehmer sich das dann doch verbaten, sie wollten nicht in die Not kommen, mit eventuellen Äußerungen in dem Finale als ihrer persönlichen Meinung identifiziert zu werden.

 

Potsdams Testbild, Michael und Kristin setzt das Los in die eröffnende Opposition. Das Thema scheint das erste, was eher Regierungslastig ist. (Mehr Aufklärung, mehr Toleranz, mehr Wissen, mehr Schutz durch Information) All das bringt die eröffnende Regierung aus Berlin und gewinnt damit die Debatte. Glückwunsch dazu.

Trotzdem sind wir stolz und gratulieren Michael zu seiner dritten Finalteilnahme in diesem Jahr und Kristin zu ihrer zweiten. Die Bilanz bisher sieht gut für uns aus, in den letzten drei Wochen standen wir in Finals von drei Turnieren. Wunderbar.


Stehen tun wir auch auf der Rückfahrt: Aufgrund von Zugsperrungen zwischen Werder und Potsdam warten wir eine runde Stunde in Regionalexpress, bevor es weitergeht. Genügend Zeit, um noch einmal über das Turnier zu reden:  Tolle, unkomplizierte Organisation, danke dafür an Magdeburg, interessante Themen, die aber nicht immer recht ausgewogen oder Anfänger geeignet erschienen. Trotzdem: Uns hat’s Spaß gemacht.


Und wir freuen uns schon auf die nächsten Turniere, zum Beispiel in Greifswald, Ende Juli lockt wieder der Bodencup, mit Sonne, Strand und Streiterei. Wir sind bestimmt dabei.


Hier noch einmal die Themen im Überblick:

  • Vorrunde 1: Dieses Haus würde religiösen würdenträgern politische Meinungsäußerungen verbieten.
  • Vorrunde 2: Dieses Haus würde eine Schweigeminute für gefallene Soldaten der Bundeswehr einführen.
  • Vorrunde 3: Dieses Haus würde die Polizeigewalt vollständig in die Hände der EU legen.
  • Vorrunde 3: Dieses Haus würde  die einkommen aller in Deutschland steuerpflichtigen im Internet veröffentlichen.
  • Finale: Dieses Haus würde sexuelle Paraphilien (z.B. SM) im schulischen Aufklärungsunterricht als gleichwertige Spielarten der liebe vorstellen.

Von: Mathias Hamann

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