Viel Hoffnung, wenig Essen und dann noch Tumult in der Debatte – hier DDM 2010 Teil 3

Potsdams Team rote Kaserne ist nach vier Vorrunden noch ungeschlagen, werden sie weitersiegen? Auf jeden Fall lösen sie einen kleinen Tumult aus. Zudem lädt Potsdam Ende Juni ein zum Jurier und Debattier-Seminar. Am Abend erfahren wir, wer den Nachwuchspreis bekommt, wie die erste DDM war und ob’s ins Halfinale geht – hier DDM Teil 3.

Die erste Motion des Tages: Dieses Haus würde Eltern von Schulschwänzern das Kindergeld kürzen. Jossekin und ich erleben mit Jens Fischer einen International sehr erfahrenen Juror (so war er kürzliche Chef des Turniers in Tallin und ist im September in Kiew) Er schärft uns in seinem Feedback ein: Prüft nach, ob der Staat so etwas überhaupt darf, nicht an Gesetzen sondern an Prinzipien. Also, warum gibt es Kindergeld, was ist daran gekoppelt etc. Dann erklärt, warum eine Maßnahme zu dem Ziel führt, über eine Logikkette A führt zu B, zu C, zu D.


Moritz und Florian sind auch in dieser, ihrer fünften Debatte siegreich und damit sicher im Break. Lena wird immer mehr von Debattierfieber gepackt: „Jurieren ist nett, aber das nächste Mal will ich reden.“


Das nächste Mal könnte Ende Juni in Potsdam sein. Denn am letzten Wochenende im Juni veranstalten ein Debattier- und Jurierseminar zusammen mit dem HPI. Wir laden jeden Interessierten ein, die Kunst der Rhetorik und ihre Bewertung zu lernen. Zur Werbung verkünden wir dem DDM-Auditorium die Verpflichtung von Isabelle Loewe, Europameisterin 2006 und Patrick Ehmann, Chefjuror des Berlin IV.


Die letzten beiden Runden sind geschlossen, das heißt es gibt kein Feedback. Jana und Sebastian haben noch Chancen aufs Break, Moritz und Florian sind mit 5 Siegen aus 5 Vorrunden bereits sicher drin.


Die nächste Motion: Dieses Haus würde in Extremsituationen die Diktatur auf Zeit einführen. Moritz und Florian unterbrechen in ihrem Raum die Debatte und es kommt zu einem kleinen Tumult, denn sie weisen in der eröffnenden Opposition den Antrag der Regierung aus Jena zurück. Die fordert nämlich, dass im Fall einer Katastrophe das Bundeskabinett mehr Macht bekommt. Das sei Status Quo und damit nicht debattierbar, erklärt Florian. Er vergisst jedoch, einen Gegenantrag zu stellen. Dann wäre Potsdam Regierung. Die Juroren beraten sich für zwei Minuten, entscheiden sich dafür, dass es legitim war, den Antrag zurückzuweisen, weil Potsdam aber keinen Gegenantrag stellte, wird der ursprüngliche Antrag debattiert.


Die letzte Motion der Vorrunde fordert ein psychologisches Gutachten für Pastoren und Pfarrer. Jana und Sebastian brauchen nur einen Punkt, um noch ins Break zu kommen.


Banges Warten also auf die Breakverkündung zum Viertelfinale.


Hier schaffen es Moritz und Florian auf Platz 2 des Tabs, mit 17 von 21 möglichen Punkten, Jana und Sebastian mit 12 Punkten sind knapp vorbei, die beiden hatten einen Teampunkt weniger nötig aber deutlich mehr Rednerpunkte als manches Team im Viertelfinale.


Im Viertelfinale treffen Moritz und Florian auf Magdeburg, Hamburg und München, sie müssen aus der eröffnenden Regierung heraus erklären, warum dieses Haus die Gleichartigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland aus dem Grundgesetz streichen würde. Während die beiden daran arbeiten, ins Halbfinale zu kommen präparieren wir den Raum mit Kamera. Die zeichnet die Debatte auf, das Material soll später beim Jurier- / Debattierseminar Verwendung finden.


Nach der Debatte laufen wir die zehn Minuten zur Jugendherberge, anschließend geht es zur Abschlussparty. Die ist so lala. Denn das Gebäude ist weit abgelegen, es gibt zu wenig zu Essen, die Schlangen sind lang. Einige Teilnehmer bestellen sich daher eine Pizza, andere gehen zum Dönermann, Moritz verzichtet auf Fleisch.


Sehr hübsch ist allerdings das 10 Jahre DDM Video mit Bildern aus einer Dekade debattieren in Deutschland, zudem erzählt Bernd Hoefer von seinen Erinnerungen aus dieser Zeit. Von der ersten DDM in Berlin 2001 berichtet er, dass es damals viel mehr offene Themen gegeben habe, so habe das Finalthema gelautet: Dieses Haus hat eine Vision. Er zitiert aus einem Artikel der Berliner Zeitung: „Doch anstatt alle 8 Redner in Schande untergehen zu lassen, vergeben sie ihre Preise.“ Allgemeines Gelächter während Jens Fischer auf die Bühne eilt und erklärt: „Das Thema ist auf meinem Mist gewachsen und ich sage, das war ein Fehler.“


Nach der Vergangenheit geht es zur Zukunft, die Deutsche Debattiergesellschaft kürt den besten Nachwuchsredner der DDM 2010. Der Preis geht an Florian, der umarmt Teampartner Moritz, geht auf die Bühne. Dort bedankt er sich bei Wortgefechte, seinem ersten Debattierclub, wo ihn alte Hasen ins Debattieren eingeführt hätten, dann bei Berlin, denn die gute Methodik, die ihn auf dieser DDM so gut gemacht hat, kommt von dort. Und dann noch bei Goethes Faust, "einem der nettesten Debattierclubs" den er bisher kennen lernen durfte.


Wir Potsdamer vergessen aber Florians Teampartner Moritz nicht, der als neunt bester Redner des Turniers auch bester Potsdamer ist. Darauf für beide ein Bier aus der Clubkasse. Prosit.

Von: Mathias Hamann

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