Eierlegende Sau trifft Zuckerfest - Debattier-Jurier-Seminar-Party-Turnier

Die eierlegende Wollmilch-Sau des Debattierens hatte Potsdam gezüchtet: Ein Debattier-Jurier-Rhetorik-Seminar mit Turnier, Party, Tanz und Konzert. Mehr als 100 Teilnehmer gesellten sich am letzten Wochenende nach Griebnitzsee. Studis aus Potsdam, Leipzig und Berlin trafen einander genauso wie das Zuckerfest die Wollmilchsau.

Die eilegende Wollmilchsau hat für alle was: Rhetorik-Einsteiger, Neulinge im Debattieren und jene, die mal ins Jurieren reinschnuppern wollten. Für alle drei Gruppen gab es am Samstag Seminare, mit interessanten Dozenten. So hatten wir eingeladen unter anderem: Isabelle Loewe, Debattier-Europameisterin 2006 in der Kategorie Englisch für Nicht-Muttersprachler, Patrick Ehmann, Deutscher Debattier-Vizemeister 2010 und Jens Fischer, Chefjuror zahlreicher internationaler Turniere (Riga, Kiew 2010).


Jens führte unsere Gäste in die Kunst des Argumentierens ein, Patrick nahm die Angst vor der Position der eröffnenden Regierung („Viele denken, in dieser Position verliert man, aber nein, es ist die Position, wo man leicht gewinnen kann.“) und Isabelle schließlich gab eine Einführung ins Jurieren. Zwischendurch gab es Mittag in der Mensa am Campus. Das Konzept Selbstversorgung funktionierte wunderbar – jeder wurde satt und wer Getränke wollte, holte sich die einfach im Supermarkt um die Ecke.


Nachmittags galt es dann, das erworbene Wissen gleich umzusetzen: Beim Turnier. Als Chefjurorinnen konnten wir Isabelle und Dessislava Kirova verpflichten, die routiniert auch die ersten Turnierhürden überwanden: Wer, spricht wie wo mit wem. Nach einer Findungsphase hatten wir schließlich 12 Teams zusammen, unter den Redner deutsche Meister (Jonas Werner) aber auch blutige Anfänger (Marie aus Leipzig, die erst seit einer Woche debattiert) und besondere „Swing-Teams“ wie Ilse, Gründerin der Frankfurter Frack-Freunde, die zusammen mit Jens Fischer antrat.


Thema der ersten Runde: Dieses Haus würde religiöse Symbole an Schulen verbieten. Redezeit fünf Minuten – für die Erfahrenen natürlich zu kurz (aber disziplinierend, Schwafeln wird so bestraft) für die Anfänger gerade richtig, da sie nicht den Stress ausbleibt, nichts mehr zu sagen zu haben.


Bevor sich die Schar gen Schlafplatz oder Party verzog noch die Erinnerung: Sonntag-Morgen, 10 Uhr geht es weiter, Selbstversorgung, d.h. Kaffee mitbringen oder duseln, Stullen Schmieren (nimm Dir Essen mit, wir fahr’n nach Brandenburg) oder bis zur Döner-Pause warten.


Für die Party hatten wir eine Band aus Berlin eingeladen: Die Dixie Wankers, die uns lässigen Swing spielen würden. Aber hier galt das gleiche wie für’s Debattieren: Macht mehr Spaß, wenn einem jemand erklärt, wie’s geht. Also gaben Talea und Holger eine kleine Einführung in Lindy-Hop (bzw. Swing) den Tanz der von New York aus in den Zwanzigern die Welt eroberte.


Das Atrium der Uni war rappelvoll mit Interesierten, die grinsend die Tanzeinführung folgten. Und schwupp die Wupp, nach zwei Stunden konnten sie die ersten Figuren. Danach heizten die Dixie Wankers ordentlich ein und die Tanzschüler wendeten ihr Wissen gleich ein, Turn, Kick und Hah. Auch die Debattierer waren ordentlich dabei und interpretierten den Begriff „Swing-Team“ einmal auf der Tanzfläche.


Swing Teams brauchten wir leider am nächsten Morgen, da einige die Nacht nicht überstanden hatten. So wurde zwei Juroren zu Ironmen und schon konnte das Turnier weitergehen.

Thema der zweiten Runde: DHW das Streiken zur Durchsetzung politischer Ziele (den Generalstreik) erlauben.


Anschließend ging‘s gen Babelsberg zu Döner, Falafel, China-Essen oder Bäcker. Die erfahrenen Debattierer erzählten Anekdoten geschlagener Schlachten vergangener Turniere und wir machten uns aber auch Gedanken, wann es endlich den Beruf des Debattierkommentators geben würde.


Frisch gestärkt dann in die letzten zwei Runde. Thema der Runde drei:

DHW betrunkenen Bettlern kein Geld geben.


Die letzte Runde schließlich war geschlossen, das heißt, kein Feedback, damit es spannend bleibt. Thema: DHW den Tatbestand der Beleidigung aus dem Strafgesetzbuch streichen.


Am Ende versammelten wir uns im Hörsaal 2 dort wurde der Break verkündet: Ins Finale breakten mit 10 Punkten Berlin Staaken mit Patrick und Emre, mit 9 Punkten Berlin Genesis 1,29 mit Georg und Victor, dann zwei Teams mit 8 Punkten Berlin Kraft (Annette und Manuel) und ebenfalls mit 8 Punkten Potsdam-Leipzig mit Sebastian und Alexander.


Für das Finale organisierte uns Jossekin von HPI-Debating noch einen Platz im niegelnagelneuen HPI-Campus (dickes Danke dafür), sonst wären wir im Hörsaal eingeschlossen worden oder hätten bereits nach 90 Minuten gehen müssen. Zwar verkündeten die Chefjuroren, sie würden bestimmt ganz schnell jurieren, so dass 90 Minuten reichen würden – aber wir trauten dem nicht – zu Recht.


Das Finalthema: DHW würde das Zuckerfest (das Fastenbrechen am letzten Tag des Ramadan) als gesetzlichen Feiertag in Deutschland einführen.


Beide Seiten rangen um die Frage, was besser integriert -ein muslimsicher Feiertag oder kein muslimischer Feiertag. Einer der schönsten Momente, Emre in der ersten Opposition, der als Bürger mit türkischen Wurzeln darüber sprach, warum sich Menschen mit muslimischen Wurzeln ohne Zuckerfest als gesetzlichen Feiertag besser integrieren würden. (Im Gegensatz zu Weihnachten und Pfingsten sei das Zuckerfest noch zu stark religiös und eben nicht kulturell)


Nach der Debatte ziehen sich die Juroren zurück – und brauchen natürlich länger als Viertelstunde, nämlich fast eine Stunde. Dann stimmen sie ab und in einem 2:1 Split gewinnt gewinnt die eröffnende Opposition mit Patrick und Emre aus Berlin knapp gegen die eröffnende Regierung mit Alexander aus Leipzig und Sebastian aus Potsdam. Herzlichen Glückwunsch.


Unser Dank gilt: Allen Teilnehmer, Dessi und Isa für das „Chefjurieren“, Patrick und Jens für ihre Seminare. Die Kollegen von HPI-Debating organisierten die Räume, wir von Wortgefechte besorgten die finanzielle Unterstütztun durch die versammelten Fachschaften (an diese vielen Dank)


Abschließend noch: Jossekin, danke, obwohl er nichts machen wollte, hat er doch viel gemacht, besonders cool: Raumorga bei Zeitüberzug.

Von: Mathias Hamann

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