In Fünf Sternen schläft es sich doppelt so gut: nämlich 10 Stunden. (Ok, Sterne in Stunden umrechnen geht schwer, aber es gibt ja Sternstunden...) Im zweiten Teil gibt es jedenfalls Sternstunden, Breakchancen, einen Abschied, Kinder und Armee. Nach Teil I hier nun Ankara Open Teil II.
Beim Frühstück scheint keine Eile zu herrschen, also rein ins üppige Hilton-Buffet und ein Schwatz mit Robert, der von seinen Erfahrungen mit dem türkischen Bildungssystem erzählt: Ausweding pauken aber keine Analyse.So bestehen sie das Uni-Eingangsexamen. Wir haben Zeit zum quatschen, denn es gibt die nächste Verspätung, der Bus verläßt das Hotel zwei Stunden später. Warum auch immer.
Runde drei: This House Believes that the Turkish army should conscript women as well as men. Was für ein Thema! Diese Debatte sorgt für tollen Gesprächsstoff während der Jurierzeit. Murat als Teampartner widerspricht den Türkinnen aus der Opposition: natürlich würde er seinem Kind die Windeln wechseln. Für junge akademische gebildete Türkinnen scheint es bei Kind und Karriere nur eine Option zu geben: Kindermädchen, aber das ist teuer. Zuhause bleiben will keine. Wir landen mit unserem Argument – Kriege haben sich geändert, statt Marschieren heißt es heute Konzentrieren – landen wir auf Platz zwei.
Mittag im Burger King auf dem Campus, dann die vorletzte Runde (wegen der Verzögerungen fällt eine aus) Die bringt den ersten Sieg, Thema der Runde vier: This house would only prison sentences to violent offenders. Unser Hauptargument, dass psychichische Schäden genauso schmerzen können, wie physische, überzeugt die Jury. Zweiter wird das Team der American University Sulimani, aus kurdisch Irak. Rund 30 Stunden Busfahrt hat Polla hinter sich, seine Teampartnerin dagegen rund 550 Euro für einen Zwei-Stunden-Flug investiert, um aus dem Irak hierher nach Ankara zu einem Debattierturnier zu kommen. Sie kommen gleich mit Coach, der danach erst lobend tätschelt und dann kritisiert.
Die letzte Runde, sieben Punkte, wie haben Break-Chancen. Unser Raum gleich mit zwei der guten Juroren, darunter Michael Shapira, amtierender ESL-Weltmeister. Unsere Position: Eröffnende Regierung, unser Thema in Runde fünf: This House would offer amnesty to Gaddhafi and his supporters in return to step back from power. In unserem Raum, aufstrebende Schüler, die mit gerade 17 schon beeindruckende Analysefähigkeiten und Englischkenntnisse vorweisen können – kein Wunder, sie besuchen ein Amerikanische High School in Istanbul. Die verlangt von ihnen soziales Engagement, so veranstalten sie Debattier Workshops, auch im Osten der Türkei. Vielleicht ist daher ihre Furcht für den Leuten aus dem Osten auch geringer.
Danach eilen wir gen Dinner, wieder drei Gänge Menü und ab geht’s gen Break-Party. Auch dafür wieder Gutscheine, ein wirklich erstklassiger Service. Leider sondert sich das Jurorengespann vom Rest der Meute ab und kommt nur kurz zur Breakverkündung zum Rednervolk. Wir verpassen leider den Break, dafür bekommt Robert seine Chance.
Sonntagmorgen die Konfusion: War da nicht Zeitumstellung? Ja, aber an diesem Sonntag schreibt die gesamte Türkei DAS Uni-Eingangsexamen, genau jenes, was darüber entscheidet, ob die Penäler es auf die METU schaffen. Und damit deren Rhythmus nicht durcheinander gerät, stellt die Türkei die Uhren erst einen Tag später um. Also checken wir auch eine Stunde später aus dem Hilton aus.
Auf der Fahrt zum Campus erzählt Robert dann, dass er gegen Mitternacht einen Bus nach Istanbul nehmen wird. (Sechs Stunden Fahrt für schlappe 17 Euro, mit Internet und TV im Bus-Sitz).
Halbfinalthema: This House would ban all pre-nuptial Agreements.
Nach dem Mittagessen - diesmal ausserhalb - und wieder mit Verspätung dann das Finale. Hier treffen drei Teams aus Istanbul gegen Robert und seinen türkischen Teampartner. Thema Finale: This House believes that the west should military intervene to uphold the results of democratic elections.
Als Robert ans Pult tritt, folgt ein Dank in die Runde, die METU-Debating-Society hat ihn das Reden gelehrt, er dankt seinen Freunde für all die schönen Jahre, diese wird seine letzte Rede hier sein. Nach einem Applaus legt er los.
Nach dem Finale geht es wieder ins Hilton, ein vier Gänge Menü wartet, die Drinks, auch Wein sind mit dabei. Kurz vor zehn dann das Ergebnis: Ja, Robert und sein Teampartner gewinnen die Ankara Open.
An den Dinnertischen spekulieren wir fleißig, wozu der ganze Aufwand: 75 Euro kostete die Teilnahme, die deckt aber weder Übernachtung im Hilton noch Essen und schon gar nicht die Anreise zweier Juroren aus Australien. Eine mögliche Antwort: Ankara möchte irgendwann für die EM bieten oder gar die WM und muß daher ein wenig bekannter werden.
Was bleibt vom Turnier: Für 32,50 zweieinhalb Tage Vollverpflegung, tolle Abendveranstaltungen und eine klasse Unterkunft (ok, wer’s braucht) natürlich auch ein tolles Juroren-Panel. Aber leider, leider riesige Zeit-Verzögerungen. Zwar reist niemand zu spät ab, aber dennoch ist ein Ende am Sonntag kurz vor Mitternacht etwas ungewöhnlich.
Mein Tipp: Es lohnt sich, vor allem für die, welche etwas länger bleiben, die könnten dann mal einen Abstecher wagen, zum Beispiel zu den Menschen in den Osten.
Nochmal alle Themen:
- Finale: This House believes that the west should military intervene to uphold the results of democratic elections.
- Halbfinale: This House would ban all pre-nuptial Agreements.
- Runde fünf: This House would offer amnesty to Gaddhafi and his supporters in return to step back from power.
- Runde vier: This house would only prison sentences to violent offenders.
- Runde drei: This House Believes that the Turkish army should conscript women as well as men.
- Runde zwei: This House Believes that developed countries should boycott products made using child labour.
- Runde eins: This house would ban religous schools.
Von: Mathias Hamann
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