IOIOIO – Potsdam sehr digital beim Vienna IV

Interessante, ja mutige Themen, sechs Vorrunden mit Sieben-Minuten-Reden, sympathische Organisation und Teilnehmer unter anderem aus China, Frankreich und Serbien. Mittendrin: Potsdam beim Vienna IV.

Die Registrierung war bereits Freitagmittag, zwei Vorrunden für den Nachmittag angekündigt und abends natürlich Wiener Schnitzel.

 

Doch vor dem Essen kam das Reden. Für die Themen verpflichtete der Debattierklub Wien Maja Cimerman aus Slowenien, Mark Manson aus Oxford und Michael Shapira aus Israel. Zudem luden sie qualifizierte Juroren aus Europa ein und garantierten so eine gute Jurierqualität.

 

Für die ersten Runde geben uns die Juroren erst ein falsches Thema und dann ein kleines Video, das führt die internationalen Teams zu einem Thema mit lokalem Bezug:

 

Runde 1: Dieses Haus würde für Grundschüler in Österreich verpflichtende Besuche von Konzentrationslagern einführen.

 

In unserer Debatte erklärt die eröffnende Regierung aus Utrecht, dass gerade Kinder die richtigen Adressaten sind, da ihnen so nachhaltig die Folgen eines totalitären Staates gezeigt werden können. Die Opposition (zwei Rednerinnen namens Ivana aus Serbien) warnen vor den Schäden durch die Bilder, welche die Kinder dort sehen und den Ärger der Eltern über ihre mental traumatisierten Kinder.

 

Aus der schließenden Regierung betonen wir nochmals, dass es ja eine pädagogische Begleitung gäbe und genau der Dialog zwischen Kindern und Eltern, Eltern miteinander wichtig ist. Durch diesen Dialog bleibt die Erinnerung in der Gesellschaft erhalten. Damit kommen wir aus der schließenden Regierung auf den ersten Platz. Mit drei Punkten geht es zum nächsten Thema.

 

Runde 2: Dieses Haus würde unterstützt private Wohltätigkeit eher als den Sozialstaat.

 

Wir erklären ein etwas kompliziertes Marktsystem mit dem Staat als Rückfallebene. Wenn Bedürftigen nicht durch private Wohltäter geholfen werden kann, dürfen sie sich an staatliche Stellen wenden. Die Privaten dürfen die Ausgaben dafür absetzen. Die eröffnende Opposition wirft uns vor, dass Private ja willkürlich sein, selektiv – dass z.B. katholische Vereinigungen nur Katholiken helfen. Die schließende Opposition zeichnet den Staat als stabileren Versorger in der Not, der auch bei Wirtschaftskrisen zahlen kann – und gewinnt damit. Der Juror findet unseren Ansatz naiv zudem hätten wir die Debatte anders führen sollen, libertärer. Daher Vierter Platz. Komisch: Ist es nicht der Regierung überlassen, wie sie eine Debatte führen? Nun ja.

 

Etwas geknickt es zur Abendveranstaltung. Große Schnitzel für die Carnivoren, chinesisches Gemüse mit Reis für die Vegetarier in der Wiener Innenstadt. Als Unterhaltung gibt es eine umgedrehte Debatte. Alles andersrum, erst das Feedback des Jurors, dann die Schlussredner und zum Ende der Anfang: Die ersten Redner und dann das Thema. Mal mehr mal weniger witzig schlagen sich die acht Freiwilligen durch. Von anderen Gästen werden wir nach dem Hintergrund des Spektakels befragt und erklären die Biertrinken Freitag-Abend-Chillern: Ein Debattierturnier. Dann verabschieden wir uns.

 

Am Samstagmorgen trudeln die Teilnehmer langsam in der Wirtschaftsuni ein. Zur Überbrückung serviert die Orga süße Leckerli und witzige Fakten auf einer Powerpoint (zum Beispiel, dass es mehr Gräber auf dem Wiener Zentralfriedhof gibt als Einwohner in der Stadt). Zur dritten Runde führt uns der Film zu: Syrien.

 

Runde 3: Dieses Haus glaubt, dass Russland berechtigt war und richtig gehandelt, als es gegen Interventionsresolution der UNO zu Syrien ein Veto eingelegt hat.

 

Statt über Russland und seine Außenpolitik in Bezug auf Syrien geht es schnell um den Sinn oder Unsinn von Interventionen. Wir erleben aus der eröffnenden Opposition wie das Team in der schließenden Opposition - zwei Chinesen -  nach einem beeindruckenden sieben (!) Punkte Erwiderung einen spannenden Punkt bringen zur Aussenpolitik Russland, der aber vom Juror gar nicht gewertet wird. Wieder ein Juror, der kritisiert, dass die Debatte anders geführt wurde als gedacht. Zwar landen wir auf dem ersten Platz doch wundern wir uns wieder, warum denn die Teams die Richtung eines Themas nicht einschlagen können, wie sie wollen.

 

In der letzten Runde mit Feedback zeigt uns ein neues Filmchen Facebook. Das zeigt, wie wichtig Facebook für unser alle Leben ist und dann glaubt dieses Haus in

 

Runde 4: Facebook ist berechtigt jeden Inhalt zu zensieren, wie es will.

 

Aus der schließenden Opposition versuchen wir Facebook als neues Monopol zu erklären, dass uns zu  viel Macht über unsere Kommunikation hat und deswegen nicht machen kann, was es will. Aber damit kommen wir nicht durch. Wieder findet der Juror zudem, dass die Debatte hätte anders laufen sollen. Nun ja.

Die nächste Runde ist eine geschlossene, die Juroren geben keine Resultate bekannt, damit die Runden spannend bleiben.

 

Runde 5: Dieses Haus unterstützt die Ernennung einer technokratischen Regierung während fiskalischer Krisen Technokraten in Ländern der Eurozone.

 

Aus der eröffnenden Regierung machen wir einen guten Job: Platz 1.

 

In der letzten Runde bekommen mit Andreas und Michael (Stuttgart/Oxford) nicht nur bekannte Gesichter sondern ein herausforderndes Thema. Ein Film zeigt uns, die Hamas einen israelischen Soldaten aus ihrer Gefangenschaft entlässt und dafür 1000 ihrer „Leute“ freikommen.

 

Runde 6: Dieses Haus glaubt, Israels Armee sollte seine Soldaten von den Kameraden erschießen lassen, ehe sie gefangen werden.

 

Ist es würdiger, von den Kameraden erschossen als vom Gegner gefoltert zu werden oder zersetzt es das Militär. Zählt hier der Utilitarismus? Die Abwendung des Tods der vielen Israelis durch freigelassene Kämpfer, von denen ein Großteil wieder Israel bekämpfen wird gegen den Tod eines einzelnen. Oder ist alles anders: Niemand darf ein Menschenleben heute gegen potentielle Opfer in der Zukunft aufrechnen? Eine spannende Debatte.

 

Zur Breakverkündung führt uns die Orga in ein uriges Restaurant. Wir breaken nicht, erfahren dafür aber, dass unsere Ergebnisse sehr binär waren: IOIOIO, immer erster und letzter im Wechsel. Als Top Team breaken mit Patrick und John zwei Berliner. Mit fast perfekten 16 Punkten gehen sie als Favoriten in die KO-Runden.

 

Davor aber organisieren die Wiener am Sonntagvormittag drei liebevollen Stadtführungen.

 

Nach dem Mittag lockt das Halbfinale: Dieses Haus glaubt, EU-Länder sollte nur das Christentum in Europa fördern (promote) und keine anderen Religionen.

 

Zum Finale haben die Wiener scheinbar ihre Beziehungen spielen lassen und ein wunderschön verzierten Saal der Universität zugänglich gemacht. Die Juroren setzen als Thema:

 

Finale: Angenommen, es besteht die Möglichkeit einer komplett künstlichen Schwangerschaft in einem Inkubator – dieses Haus glaubt, die Menschheit sollte dann danach streben, die natürliche Schwangerschaft abzuschaffen.

Hier gewinnen die Favoriten, Patrick und John aus Berlin.

 

Wir gratulieren den Gewinnern, danken den Organisatoren für ein liebevolles Turnier. Die Reise der Potsdamer nach Wien wurde unterstützt durch einen Förderbeschluss des Astas unserer Uni, der unsere Teilnahme aus den Finanzen der Studierendenschaft bezuschusst hat.

Von: Mathias Hamann

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